Irgendwann...Russische Grenze
Wie viele Menschen passen in einen Bus mit grob geschätzten
18 Sitzplätzen? Ganz einfach: Grob geschätzte zwei Bands aus Deutschland und
eine aus Japan…plus unserer zauberhaften Tourmanagerin Elena, plus kyrillisch
träumenden Busfahrern und plus Gepäck und Instrumente eines kompletten
Festivals. Radio Inferno – wortwörtlich. Kein Wunder, dass russische
Grenzsoldaten möglichst viel Zeit mit uns verbringen wollten, kein Wunder, dass
knapp 2 Stunden im polaren Nichts ewig dauern können – ein Wunder, dass wir
verlustlos passierten! (Übrigens ist die Schönheit von Schnee extrem abhängig
von den Orten, an dem er fällt!) Doch nichts was trüben könnte. Weder
Stimmungen noch Inhalte verbrüdernder Getränke. Müdigkeit und Rausch – Willkommen
St. Petersburg…
morgens...Sankt Petersburg
Sankt Petersburg ist schön…bestimmt…also vermute ich jetzt
mal. So viel Schönheit wie halt durch ein Busfenster passt. Knapp 9 Stunden
Fahrt und zwischen Gepäck und Insassen klebt noch der frühmorgendliche Geist
des Rausches und die Gespenster des Schlafes feiern ohne uns weiter. Ein
Zarenreich für ein Bett, ein richtiges mit vier Füßen und Platz zum
Drunterschauen, aber man ahnt, dass die ungeplante Initiation an russischen
Grenzen genau die Zeit stahl, die ein Traum mag, um geträumt zu werden. Wenigstens
ein Frühstück und eine Dusche, Kaffee in Adern und Wasser im Gesicht. Das man
hier wieder Rauchen darf ohne erschossen zu werden ist angenehmer Nebeneffekt,
das der Zeitplan die Stadt gesichtslos bleiben lassen wird ein vermutetes
Bedauern. Also Gepäck geschultert und auf in Richtung Bühnen…
Sankt Petersburg I Revolution Club
Ich bin mir nicht sicher was der Ort mir hier sagen will. Zwischen
Go-Go-Stangen, Dämmerlicht und allem Rot dieser Welt ist es merkwürdig fremd
hier, doch umso merkwürdiger angenehm. Und wieder die schon erwähnten
Sitzgruppen und Tische voller Getränke, die einem unmissverständlich klar
machen, dass man in Russland ist. Zeit zum Heben von Gläsern und Zeit zum
Festigen von Bekanntschaften. Und während Räume sich Mühe geben gefüllt zu
werden und die kryptischen Zeichen an Toilettentüren endlich entschlüsselt sind
(Ob Thomas Young auch aus Bedürfnissen heraus handelte?), fällt einem auf wie
ungern man eigentlich jetzt auf Bühnen möchte, da damit das Tageswerk vollendet
und Orte schon wieder zum Verabschieden bereit sind. Egal, man ruft uns und
noch liegen eins-zwei Songs vor uns…
spät...Sankt
Petersburg I Revolution Club
Geschafft. Konzerte und Getränke. Und zwischen
masoschistischen Kunstperformances, choreographierten Tanzeinlagen und der
Tatsache, dass Englisch mit russischem Akzent noch schwerer zu verstehen ist,
wenn sein Gegenüber betrunken ist, bleibt die Erinnerung an einen angenehm
surrealistischen Abend. Im Backstage tummeln sich malträtierte
Perfomance-künstler, als Geister verkleidete Tanzgruppen, betrunkene, müde und
ausgelassene Musiker vielerlei Nationalitäten, Gläser (halbleer oder
halbvoll…je wie man´s mag), schemenhafter Bolschewismus und eins-zwei Gedanken
ans Gestern und Heute – und noch ehe der Zirkus gänzlich einem boheméhaften
Rausch unterliegen kann bricht Aufbruch den Zauber. Und auf überfüllten
Strassen geht's in überfüllte Autos mit dem erwarteten Ziel eines Bahnhofs. (Vielen
Dank an dieser Stelle an Fräulein Elena, die es in den letzten Tagen mit
Sicherheit nicht immer einfach mit musikalischer Fauna hatte…)
Sankt Petersburg I Bahnhof
Der Bahnsteig ist lang, länger noch und je mehr Wagen wir
von dem Zug passieren, umso dunkler wird er, bis irgendwann nur noch vereinzelt
gespenstische Laternen über uns kreisen. Wie lang können Züge sein? Und wie
merkwürdig still? Am Einstieg einschüchternde und militärisch anmutende
Ticket-Passkontrolle und im Innern…Wie beschreibe ich das Gefühl das russische
Schlafwagen in einem hervorrufen? Nihilismus? Grenzerfahrung? (in doppelter
Hinsicht!) Benennen wir es als reduzierten Komfort. Reduziert auf das unvollständig
Nötigste. Links und rechts Pritschen belegt mit Menschen, die Schlaf suchen,
Ferne und hier und da sicherlich auch ihrer Größe angepasstere Schlafstätten. Karger
Existentialismus und ein kurzes Aufflackern von Heimweh. Nicht stechend, aber
tröstend.
Später…Schwer Schlaf zu finden, da Eric und Dirk die Welt
als Bühne sehen und es sich nicht nehmen lassen ein handvoll Moskauer
Fussballfans mit einer musikalischen Privatvorstellung zu unterhalten. In Dosen
erhältliche Narkotika und der ihr innewohnende, großartige und grenzen- und
sprachenüberwinde Hang zur Brüderlichkeit. Nastrovje, oh du bezaubernd verklärter, mitternächtlicher Fatalismus!
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somewehere
along the line...and Russian borders
How many
people fit into a bus with roughly 18 seats? Quite plain: Roughly two German
bands, one from Japan…plus our enchanting tour manager Elena, plus cyrillicly
dreaming busdrivers, plus luggage and instruments of a complete festival. Radio
Inferno – by chapter and verse. No surprise, that Russian border guards wanted
to spent as much time with us as possible, no surprise, that 2 hours within a
polar void can take the eternity – almost a miracle, that we passed without
deprivations! (By the way, the beauty of snow extremely depends on the place
it´s falling down!) But nothing that was able to blur. Neither moods nor
fraternizing drinks. Tiredness and drunkenness…Welcome St. Petersburg…
in the
morning ...St. Petersburg
St.
Petersburg is beautiful…probably…I mean, this is what I suppose. As much beauty
as fits through a window of a bus. Almost nine hours on the road and between
baggage and occupants the early ghost of the jag are sticking still and the
phantoms of the sleep are feasting on without us. I´d offer a tsardom for a
bed, a real one with four bases and place to look beneath, but I guess, that
the initiation at Russian borders has stolen exactly this time, a dream needs
for being dreamed. At least a breakfast and a shower, coffee in veins and water
in the face. The permission to smoke again without being shot down is a
comfortable side-effect, the fact, that the timetable will leave the city
faceless is a supposed regret. So let´s shoulder the luggage and depart in
direction of stages…
St.
Petersburg I Revolution Club
I´m not
sure what this place means to me. Between Go-Go-furnishing, twilight and all
red of the world it is weirdly strange here, but the more weirdly comfortable.
And again the mentioned davenports and tables full of drinks, that unmistakably
make clear, that we´re in Russia now. Time for lifting up glasses and time for
cementing friendships. And meanwhile rooms trying hard to fill themselves and
the cryptic signs on toilet doors become decoded finally (If Thomas Young did
it because of exigences too?), you realize, that you don´t want to enter any
stage, cause this would mean to finish a day´s work again and places have to be
left. Never mind, they´re calling and there´re still some songs to do…
later...St.
Petersburg I Revolution Club
They´re
done. Concerts and drinks. And between masochistic art-performances,
choreographic interludes and the fact, that the English pronunciation with a
Russian accent is much harder to understand if the speaker is drunken, there is
the memory of a enjoyable surrealistic evening always kept in mind. In the
backstage area maltreated performance artists are cavorting together with
dancers disguised as spectres, with tired and drunken musicians originated from
many kinds of continents, with glasses (half-ful or half-empty, depending on
the way you like it!), with a silhouetted bolshevism and with some thougts of
yesterday and the present – and before the whole circus can completely succomb
a bohemian-like intoxication, a departure is breaking the magic into pieces.
And on overcrowded streets it will go in overcrowded cars with the expected
destination of a station. (Let me hand over a bunch of thanks right here to our
lovely Ms. Elena, who surely had a rough ride the last days with this kind of
musical fauna…
Sankt
Petersburg I Station
The
platform is long, longer still and the more waggons we pass, the darker it
gets, until only some eerie laterns are circling above us finally.How long a
train can be? And how strangely quiet? Intimidating military ticket inspections
at the way in and inside…How to describe the feelings caused by Russian
sleepers? Nihilism? Limit experience? Let´s name it a reduced profusion.
Reduced to umcomplete necessities. Banks, left and right, staffed with people,
who are looking for sleep, distance and for right sized beds from time to time.
A barren existentialism and a short flare of homesickness. Not piercing but
comforting.
Later…it´s
hard to find some sleep, cause Eric and Dirk are handling the world as a stage
and entertain a handful of Muscovite football fans with a privat performance.
Narcotics domiciled in bottles and it´s great propensity for fraternity,
tearing down walls of language and geography. Nastrovje, you adorable,
transfigured midnight fatalism!
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